Unter einer Improvisation versteht man allgemein eine Handlung, bei der wesentliche Teile ohne Vorbereitung aus dem Stegreif dargeboten werden … Bezogen auf die Musik ist … Improvisation eine Form des Musikschaffens, in der einzelne Parameter nicht exakt vorgeschrieben oder vorbereitet sind, andere hingegen genauer Vorbereitung und Übung unterliegen. Damit besteht kein grundsätzlicher, sondern lediglich ein gradueller Unterschied zwischen dem Interpretieren und Improvisieren von Musik. Wie beim Improvisieren wird auch beim Interpretieren eine Musik ja nicht einfach nach vorgegebenen Regeln ausgeführt, sondern es bestehen Freiräume, das Vorgegebene auszulegen und musikalisch zu gestalten. Und auch beim Improvisieren finden sich selbst in den freiesten Formen klare Vorgaben und Vorentscheidungen. … Der Unterschied zwischen Interpretation und Improvisation liegt demnach im (relativen) Grad der Freiheit. Mindestens ein wesentlicher Parameter einer Musik ist beim Improvisieren nicht exakt vorherbestimmt und geplant. … Aus dem Gesagten resultieren zwei Kompetenzen, die jede für sich bereits das Improvisieren ermöglichen. Zum einen die Kompetenz, nach vorgegebenen Regeln musikalisch zu gestalten, zum anderen der Wunsch, über das Vorgegebene bzw. Vorgefundene hinauszugehen, mit musikalischen Materialien zu experimentieren und Neues zu erfinden.

Martin Losert, Karen Schlimp: Klangwege: Improvisation anregen – lernen – unterrichten. Münster: LIT, 2019, S. 24

Beim Improvisieren selbst verbinden sich Hören, Verstehen und Spielen zu einer Meta-Fähigkeit – einem hörenden, intuitiv verstehenden Spiel. Dazu bedarf es einer gewissen Präsenz gegenüber den musikalischen Prozessen und vor allem auch der Fähigkeit, auf das Gehörte mittels eigener Ideen zu reagieren und dieses auf dem eigenen Instrument zu spielen.

Ib. p. 32