Kontrafakt bezeichnet die Verwendung (möglicherweise auch Variation) einer vorhandenen Melodie mit einem neuen Liedtext oder einer vorhandenen Akkordfolge mit einer neuen Melodie. So war es zwischen Mittelalter und Barock-Zeit war üblich, weltliche Lieder mit geistlichen Texten zu unterlegen. Häufig diente das Kontrafakt auch als Parodie. Heute würde man von einer Art Coverversion sprechen. Im Jazz und anderen modernen Musikrichtungen war das Kopieren einer Harmonie eine Möglichkeit, Urheberrechtsansprüche zu vermeiden. – Zum Wortursprung vgl. Konterfei („Abbild“) und engl. counterfeit („Fälschung“).
Die Idee, Musik an bestimmte Zwecke anzupassen, gibt es schon lange. Die gebräuchlichste Form dieser Aktivität besteht darin, neue Wörter in eine ältere Melodie einzufügen. Ein so aufgebautes Stück wird Kontrafakt genannt. Manchmal sind kleine Anpassungen im Rhythmus erforderlich, damit die Musik mit dem neuen Text gut fließt. Ein aggressiverer Ansatz besteht darin, die Melodie von einer Kultur in eine andere zu verschieben, indem Metrum und Rhythmus an die neue Kultur angepaßt werden.1)
Die bekanntesten Kontrafakte im Jazz sind die vielen Versionen des Blues. Der Blues hat keine echte „originale“ Melodie: Es ist eine ewig unvollendete Songform. … Ein kurzer Blick auf die jüngsten Jazz-Veröffentlichungen zeigt, daß es üblicher ist, einen Song zu covern, als Kontrafakt anzuwenden. … Während der Jazz selbst in seiner populären Phase nur selten um Erlaubnis zum Ausleihen gebeten hat, sind Hip-Hop und Pop jetzt gesetzlich und wirtschaftlich eingeschränkt.2)
Die am intelligentesten komponierten Kontrafakte zeigen neue Wege, um Melodien zu kreieren und ein Lied zu reharmonisieren, die sehr nützlich sind, besonders wenn sie schriftlich festgehalten werden und studiert werden können. Die Verwendung neuer Melodielinien über vertrauten Akkordfolgen kann dem Improvisieren über diese alten Melodien eine neue Perspektive verleihen, was wünschenswert ist. Aber manchmal ist gerade das das Problem, diese Perspektive ist fast völlig harmonisch. … Die besten Kontrafakte sind in keiner Weise Fälschungen, sondern die Produkte einiger der kreativsten kompositorischen Köpfe, welche in der Musik bekannt sind.3)
Melodie mit neuem Text:
Harmonie mit neuer Melodie:
Ich komm aus fremden Landen her
Vom Himmel hoch, da komm ich her (Martin Luther)
Innsbruck, ich muß dich lassen
Nun ruhen alle Wälder (Paul Gerhardt)
I've Got Rhythm (George Gershwin)
Cotton Tail (Duke Ellington)
Embraceable You (George Gershwin)
Quasimodo (Charlie Parker)