Definition

Im Jahr 1941 schlug Walter Piston in seiner Harmonielehre vor, die Musik des Barock, der Klassik und der Romantik unter dem Begriff Zeitalter der Geläufigkeit ( common practice period) zusammenzufassen. Es ist gekennzeichnet durch Tonalität, d.h., die Vorstellung von Harmonie ist an feste Regeln für Akkorde und Akkordfolgen gebunden und benutzt definierte Tonleitern als musikalisches Ausgangsmaterial sowie klare, vereinheitlichte Rhythmen.

Der Musikwissenschaftler Leonard Ratner betonte vor allem den didaktischen Nutzen dieses Konzepts:

Die Vorstellung von einem „Zeitalter der Geläufigkeit“ ist in der Pädagogik wertvoll, da sie den Schülern ein Standardvokabular zum Schreiben harmonischer Progressionen und zum Analysieren von Akkorden liefert.1)

Allerdings gibt es auch Kritik daran, die tonalen und harmonischen Gemeinsamkeiten dieser Zeit überzubetonen und damit die Vielfalt der auf sie gegründeten Musik abzuwerten sowie die Verbindungen zu den Perioden davor und danach nicht gebührend zu würdigen.

Nachdem die Theoretiker die Gemeinsamkeiten betont haben, können sie jetzt Unterschiede besser einschätzen (und erklären). … Die Rückwärtskompatibilität spricht somit für eine übergreifende Praxis der Tonalität in der westlichen Musik – also ein gemeinsames Wertesystem für Tonhöhenverhältnisse vor, während und nach dem sogenannten Zeitalter der Geläufigkeit.2)

1)
Leonard G. Ratner: Harmonic Aspects of Classic Form. University of California, Berkeley 1947, 7
2)
Daniel Harrison: Pieces of Tradition: An Analysis of Contemporary Tonal Music. Oxford University Press 2016, 5