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Bewegliche Muster für alle Tonleitern auf der Ukulele

Der Begriff der Leiter gibt vor, daß es sich um eine Reihe von Tönen handelt, die voneinander wie die Stufen einer Leiter durch einen festen Abstand getrennt sind: man bewegt sich auf den Tönen wie auf Leiterstufen in gleichmäßigen Schritten hinauf oder herab. Es handelt sich jedoch um eine spiralförmige „Leiter“, denn sobald man sie vollständig abgeschritten ist, kommt man bei derselben Leiterstufe wieder an; allerdings in einer höheren oder tieferen Tonlage. Das Erlernen und Beherrschen der Tonleitern ist ein wesentlicher Bestandteil der Didaktik des Ukulelen-Unterrichts, wie Chalmers Doane feststellt:
Tonleitern sind die Grundlage einer flexiblen und funktionalen Fertigkeit an einem Instrument. Da unsere Musik auf diatonischen Mustern basiert, ist es naheliegend, daß man mit praktischen Kenntnissen der Tonleiter alles spielen kann, was gewünscht wird.1)

Alle Töne einer Tonleiter können mit Hilfe der Oktavregel gespielt und harmonisiert werden.

Heptatonik

Heptatonik

Die in der westlichen Musik übliche heptatonische2) Tonleiter besteht aus fünf „ganzen“ Schritten und zwei „halben“ zwischen 7 Stammtönen, die schon seit dem Mittelalter mit den Buchstaben abcdefg (oder in Großschrift, ursprünglich für den Baß gedacht: ABCDEFG) bezeichnet wurden. Die Stammtöne werden heute i.a. mit großen Buchstaben bezeichnet. Man nennt dies „abecedieren“ (im Gegensatz zur Solmisation3)).

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Halbtonschritte

Halbtonschritte

Die beiden Halbtonschritte liegen zwischen B und C sowie E und F.

Deutsche Notation

Leider wurde im Mittelalter für das b ein Zeichen, das einem b sehr ähnlich sah, das sogenannte b quadratum ♮, benutzt. In der deutschen Notation hat man aus dem b quadratum ein h (= H) gemacht. Das um einen Halbton erniedrigte b wurde dagegen mit dem b rotundum ♭ geschrieben, das in der deutschen Notation als b (= B) dargestellt wird. Nur in der deutschen Notation lautet die Stammtonreihe deshalb AHCDEFG.4)

Halbtöne

Zwischen den „ganzen“ Schritten liegen noch weitere Töne, die durch Halbtonschritte erreicht werden. Diese Halbtöne haben (außer B) keine eigenen Namen, sondern werden nach den Stammtönen benannt, zwischen denen sie liegen; man fügt ein -is an, wenn sie einen halben Ton über dem Bezugs-Stammton liegen, und ein -(e)s, wenn sie darunter liegen. F und C können nicht erniedrigt werden, weil ihr Abstand zum vorangehenden Ton ja ohnehin nur einen Halbton beträgt (aus F und C werden E und B).

Namen der Noten

Deutsche Notation
Stammton erhöht erniedrigt
A Ais As
H (C) B
C Cis (H)
D Dis Des
E (F) Es
F Fis (E)
G Gis Ges
Englische Notation
Stammton erhöht erniedrigt
A A♯ A♭
B (C) B♭
C C♯ (B)
D D♯ D♭
E (F) E♭
F F♯ (E)
G G♯ G♭

Enharmonische Verwechslung

Enharmonische Verwechslung

Beträgt der Abstand zwischen Ganztönen und Halbtönen bei der Umsetzung in Musikinstrumenten tatsächlich die Hälfte eines Ganztonschrittes (reine Stimmung) – was bei der Ukulele wie bei anderen Saiteninstrumenten der Fall ist – so wären ein um einen Halbtonschritt erhöhter Stammton und der nachfolgende um einen Halbtonschritt erniedrigte Stammton identisch; also z.B. Fis = Ges. In der heutigen musikalischen Praxis tut man einfach so, als wäre dies der Fall (enharmonische Verwechslung).

Chromatische Tonleiter

Somit besteht die um die möglichen Halbtonschritte ergänzte, vollständige (chromatische) Tonleiter aus zwölf Tönen:

Deutsche Notation
aais=bh=cesc=hiscis=desddis=ese=fesf=eisfis=gesggis=as
Englische Notation
aa-sharp/b-flatb/c-flatb-sharp/cc-flat/d-sharpdd-sharp/e-flate/f-flate-sharp/ff-sharp/g-flatgg-sharp/a-flat

Dur-Tonleiter

Dur-Tonleiter

Auf jeden Ton kann eine Tonleiter aufgebaut werden, die in sieben Schritten (fünf ganze, zwei halbe) zur nächsthöheren Oktave führt. Liegen die Halbtonschritte jeweils auf dem 3. und und 7. Schritt, spricht man von einer Dur-Tonleiter. Eine mit diesem Muster gebildeten Tonarten heißt Dur-Tonart.

Beispiel: C-Dur
Position12345678
TonCDEFGAHC
Schritt 110,51110,5

Moll-Tonleiter

Moll-Tonleiter

Bei einer Moll-Tonleiter liegen die Halbtonschritte dagegen jeweils auf dem 2. und 5. Schritt. Eine mit diesem Muster gebildeten Tonarten heißt Moll-Tonart.

Beispiel: a-moll
Position12345678
TonAHCDEFGA
Schritt 10,5110,511

Parallele

Parallele

Jede Dur-Tonleiter hat eine parallele Moll-Tonleiter mit denselben Tönen (und Vorzeichen), die immer eine kleine Terz tiefer liegt.

DurCesCCisDesDEsEFFisGesGAsABH
Mollasaaisbhccisddiseseffisggis

Pentatonik

Älter als die heptatonischen Tonleitern sind allerdings pentatonische5) Tonleitern. Sie wurden und werden in aller Welt – z.B. Afrika, Ostasien, aber auch Europa – eingesetzt. In der modernen Musik (v.a. Blues und Jazz) kommt ihnen erneut große Bedeutung zu. Dies hängt auch damit zusammen, daß sich auf Saiteninstrumenten wie der Gitarre und Ukulele pentatonische Tonleitern gut spielen lassen.

Pentatonik ohne Halbtonschritte

Pentatonik ohne Halbtonschritte

In europäischer Auffassung wird eine pentatonische Tonleiter ohne Halbtonschritte (anhemitonisch) gebildet, indem auf den Grundton zwei Ganztonschritte (große Sekunden), eine kleine Terz und ein weiterer Ganztonschritt folgen. In dieser Abfolge ordnet man sie als Dur-Tonleiter ein. Wie auch bei der heptatonischen Tonleiter wird die auf die 5. Stufe aufsetzende Tonfolge als parallele Molltonart betrachtet. Eine pentatonische Moll-Tonleiter besteht also aus kleiner Terz, zwei Ganztonschritten und einer weiteren kleinen Terz.


Pentatonische Tonleiter in C-Dur

Pentatonische Tonleiter in A-moll

Auf einer Ukulele lassen sich (unabhängig von der Stimmung) beide pentatonischen Tongeschlechter einfach spielen:

  • Auf einer Saite: Durch Greifen der Bünde mit Bundmarkierungen (3., 5., 7., 10., 12. Bund) ergibt sich eine Dur-Tonleiter; wird zuerst die Leersaite gegriffen, ergibt sich eine Moll-Tonleiter (0., 3., 5., 7., 10. Bund). Dieses Muster kann auf jeder Saite verschoben werden (2./4./6./9./11. Bund oder 4./6./8./11./13. Bund).
  • Mit Beweglichen Mustern, die über das gesamte Griffbrett gespielt werden können.

Beispiele



Beispiel Dur: Amazing Grace


Beispiel Moll: Haribo macht Kinder froh

Yonanuki

Yonanuki

V.a. in traditioneller und populärer japanischer Musik (Enka) sind auch Tonleitern mit Halbtonschritten verbreitet. Die sog. Yonanuki-Tonleiter6) läßt die 4. und 7. Stufe der jeweiligen heptatonischen Tonleiter aus. In der Dur-Version entspricht sie damit einer pentatonischen Dur-Tonleiter ohne Halbtonschritte. In der Moll-Version bleiben hingegen die Halbtonschritte auf dem 2. und 5. Schritt erhalten. Sie besteht also aus einer großen Sekunde (Ganztonschritt), einer kleinen Sekunde (Halbtonschritt), einer großen Terz und einer kleinen Sekunde. Auch diese Tonleiter läßt sich in einem einfachen Beweglichen Muster auf der Ukulele spielen.


Yonanuki in C-Dur

Yonanuki in A-moll
Beispiel Yonanuki-Moll: Sakura


Sakura


Jake Shimabukuro: Sakura

Tonleitern auf der Ukulele

Die folgenden Muster stellen alle Möglichkeiten dar, diatonische Tonleitern (Tonleitern, in denen nur leitereigene Töne enthalten sind) auf der Ukulele zu spielen. Der Dur-Grundton ist hellblau unterlegt, der Moll-Grundton rosa. Die Halbtonschritte sind rot markiert; sie werden ausgelassen, wenn eine pentatonische Tonleiter gespielt werden soll. Die vierte Saite wird nur in linearer Stimmung gespielt und ist deshalb grau unterlegt. Die Zahl links unterhalb der Saitennamen gibt an, auf welchem Bund begonnen werden muß, wenn eine C-Dur-Tonleiter gespielt werden soll.

Die Anordnung der Tonleitern auf dem Griffbrett ergibt die modalen Tonleitern gemäß dem Merkvers: „I Don't Play Like Miles and Louis“.

Literatur

  • Andrews, Lee: Scales for Soprano Ukulele. Pacific: Mel Bay. 2008

1)
Zitiert in Wallace, William Woodworth: A History of the Doane Ukulele Method 1961–1989: A performance-based approach to music education. M.A. Thesis. Victoria: University of Victoria 1989, 67
2)
„aus sieben Tönen bestehend“.
3)
Das als Solmisation bezeichnete Schema hat Guido von Arezzo im 11. Jh. aus musikdidaktischen Gründen (um den Chorknaben das Singen beizubringen) aus den Anfangssilben eines Johannes-Hymnus gebildet: Ut (später: do) queant laxis / resonare fibris / mira gestorum / famuli tuorum / solve polluti / labii reatum / Sancte Iohannes („Daß die Schüler schlaff bei Stimme könnten schallen deiner Wunder Taten, nimm von Lasterlippen ihre Schuld, Heilger Johann“, übersetzt Karl Bertau: Schrift – Macht – Heiligkeit in den Literaturen des jüdisch-christlich-muslimischen Mittelalters. De Gruyter 2005, S. 252). S. Richard Rastall: The Notation of Western Music. An Introduction. J.M. Dent & Sons: London, Melbourne, Toronto 1983, S. 128–140.
4)
Auch Skandinavien und Teile Osteuropas üblich.
5)
„aus fünf Tönen bestehend“.
6)
ヨナ抜き = 四七抜き = „ohne 4 und 7“